(1) Die filipinischen Verben (Schlüssel {D}, pandiwa) besitzen ein deutlich ausgeprägtes Flexionsparadigma bezüglich Tempus bzw. Aspekt (banghạy, 'aspect inflection') {6A-101 Θ}. Wir nennen die Verbformen der Flexion Zeitformen. Wegen dieser Flexion können Verben von anderen konventionellen Wortarten unterschieden werden. Person- und Numerusflexion bestehen nicht. Es gibt keine unterschiedlichen Modi (panagano), ein Konjunktiv (pasakali) wird durch Adverbien oder Konjunktionen realisiert (der Ausdruck Indikativ paturọl wird von uns nicht verwendet). Genera (katinigan) werden deutlich durch Affixe unterschieden. In der Regel gibt es mehrere Aktiv- und Passivverben in einer Wortfamilie, die dann jeweils ihre eigene Flexion besitzen.
Verben sind Inhaltswörter mit semantischem Inhalt, die einen Zustand, einen Prozess oder eine Tätigkeit ausdrücken. Es gibt keine Verben ohne Flexion und keine "Hilfsverben".
Auffallend ist die große morphologische Diversität der filipinischen Verben. Mit dieser werden nicht nur Aktiv und Passiv realisiert, sondern auch Art des Passivs und die Modalität der Verben. Die einzelnen morphologischen Gruppen besitzen häufig eine syntaktische Grundfunktion. Wir betrachen diese morphologische Einteilung jedoch nur als eine der vier wichtigen für die Verben in der filipinischen Sprache.
(2) Filipinische Verben können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden:
Mit anderen Worten können wir sagen, dass die Argumentstruktur das syntaktische Gerüst beschreibt, Fokus und Funktion den semantischen Inhalt, während Affigierung die sprachliche Darstellung des Verbs ist. Wir betrachten für jedes Verb diese Einteilung getrennt, morphologische und syntaktische Verbgruppen sind - von Ausnahmen abgesehen - eindeutig festzulegen, diese Eigenschaften sind in unserem Schlüsselsystem enthalten. Ebenso haben wir die Fokusklassen dort aufgenommen, während die semantische Einteilung nach Modalität weniger eindeutig ist.
Ein Schwerpunkt unserer Betrachtungen über die filipinischen Verben ist, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der entsprechenden Gruppen in den verschiedenen Kategorien deutlich zu machen {6A-102}. Die Einzeldarstellung der Verbgruppen wird in Kapitel {7} entsprechend ihrer Affigierung vorgenommen.
Eine Sonderstellung nehmen die Verben des Stammes bilị ein, die wir als atypisch betrachten.
(3) Neben den Vollverben {2-4.3} führen wir den Begriff Partizip ein. Unter Partizipien verstehen wir Zeitformen der Verben, die ihre globale Wirkung im Satz abgelegt haben. Somit besteht kein morphologischer Unterschied zwischen Vollverben und Partizipien {6A-103 Θ}.
(4) Morphologisch sind filipinische Gerundien abgeleitete Verbformen, stehen jedoch syntaktisch und semantisch den Substantiven viel näher als den Verben.
(5) Die Modalwörter wie gustọ sind keine Verben, da sie keine Flexion besitzen. Wir ordnen sie als Potenzialadverbien dieser Wortart zu {9-6.1}.
(1) Bildet das Verb den Kern des Prädikats, so stehen Subjekt, Objunkt-, Adjunkt- und Subjunktphrasen in besonderer Beziehung zum Verb. Das Verb besitzt eine globale Wirkung im Satz, es ist Vollverb {2-4.3}. Wir bezeichnen diese dem Verb zugeordneten Phrasen als Argumente des Verbs (kaganapan ng pandiwa) {6A-201 Θ}. Objunkte, Adjunkte und Subjunkte sind Bestandteil der Verbphrase, während das Subjekt außerhalb dieser steht.
(2) Die 'Argumentstruktur' (kayariạn ng kaganapan), die Zahl und Art der Argumente, ist die wichtigste syntaktische Eigenschaft des Vollverbs. Mit Ausnahme einiger Adjunkte ist diese deutlich und eindeutig sichtbar, sie ist Bestandteil unseres Schlüsselsystems {6A-202}.
Die Begriffe 'direktes' und 'indirektes Objekt', 'transitives' und 'intransitives Verb' werden von uns nicht verwendet, da sie nicht gut zur syntaktischen Beschreibung filipinischer Verben geeignet sind.
(3) Die morphologische Realisierung des Verbs kommt in der Argumentstruktur nicht vor, Syntax und Morphologie sind getrennt. Dies erscheint uns für eine morphosyntaktische Betrachtung von Vorteil, es können Relationen zwischen syntaktischer Gruppe und morphologischer Realisierung empirisch ermittelt werden. Dazu ein Beispiel:
Die morphologisch unterschiedlichen Verben isipin, buksạn und isulat besitzen die gleiche Argumentstruktur {DB10/ft|fg}. Andererseits gibt es in der morphologischen Gruppe der i- Verben nahezu alle verschiedenen Passivargumentstrukturen.
(4) In der Regel bilden Phrasen die Argumente der Verben. Stattdessen kann auch ein Ligatur- oder Konjunktionssatz ein Argument sein {6-2.5}.
(1) Objunkte {P-W} sind Attribute in Nominalphrasen oder Argumente von Verben. Als Argument steht das Objunkt nach dem Verb [1], es besitzt nachlaufendes Verhalten. Wenn das Objunkt ein Pronomen ist, kann ein Objunktinterklit gebildet werden [2] {11-6.4}. Diesem ähnlich ist ein Interpotenzial [3] {9-6.1.1}.
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(2) Ein Verb kann bis zu drei Objunkte als Argument besitzen.
Adjunkte {P-K} können Argument des Verbs sein, in der Regel besitzt der Satz nur ein Adjunkt. Empfänger [1], lokativ [2], ausführender Täter [3], Ursache oder Austausch sind die semantischen Funktionen des Adjunkts. Andererseits kann die Adjunktphrase unabhängig im Satz stehen {4-4}. Beide Begriffe sind semantisch; syntaktisch verhält sich das Adjunkt in beiden Verwendungen nahezu gleich.
Das Argument Adjunktphrase kann mit den SA-Interrogativpronomen kanino und saạn (sa) [7 8] erfragt werden.
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(1) Eine Nominalphrase kann als Subjunkt {P-L=P-N} mit dem Verb verbunden werden. In der Regel steht das Subjunkt unmittelbar nach dem Verb [1 2], kann jedoch auch nach einer anderen Phrase stehen [3].
Semantisch ist das Subjunkt als Argument in enger Beziehung zum Subjekt (in [1b] siya und Joe Carter). Obwohl das Subjunkt Argument ist, kann es im Allgemeinen nicht durch Änderung der Affigierung des Verbs in den Fokus gesetzt werden. Wir haben die Funktion Subjunkt nicht in das Fokussystem der Verben aufgenommen.
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(2) In einfachen Sätzen kann das untergeordnete Verb von verbundenen Verben als Argument (Subjunkt, {P-L=P-D}) betrachtet werden {13-4.6.2}.
(3) Neben dem Subjekt besitzt das Verb magịng ein zweites Argument. Dies ist eine Nominal- oder Adjektivphrase [4 5], die ohne Ligatur angeschlossen wird. Wir betrachten dieses Argument als Subjunkt ohne Ligatur.
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Bezüglich der Reihenfolge von Objunkten und Adjunkten gibt es wenig feste Regeln. Kurze Phrasen kommen in der Regel vor längeren. Wenn die Phrasen etwa gleichlang sind, gilt im Allgemeinen die Reihenfolge Objunkt(e) - Adjunkt - Subjekt [1]. Feste Regeln gelten, wenn dem Verb enklitische ANG- oder NG-Pronomen folgen {*}, diese müssen unmittelbar hinter dem Verb stehen [2]. Dies gilt auch für das Subjekt [3]. Bezüglich der Reihenfolge der Pronomen siehe {11-4.3}.
{*} Bildet ein SA-Pronomen ein Argument, so besitzt es das Bestimmungswort sa und hat kein enklitische Verhalten.
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Objunkte sind dem Verb enger verbunden als Adjunkte:
Neben Phrasen kann auch ein Teilsatz {S-..} als Argument dienen, vorwiegend als Subjekt [1a|b] {2-4.9 (1)}. Auch kann ein Objunkt [2a|b] oder ein Adjunkt [3a|b] durch einen Teilsatz ersetzt werden, in der Regel durch einen Ligatursatz. Diese Sätze werden selten gebildet, häufiger sind Sätze, in denen das Subjekt durch einen Teilsatz ersetzt wird.
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(1) In Sätzen mit Verb als Prädikat wird die semantische Rolle des Subjekts durch die Wahl des Verbs bestimmt. Da in der filipinischen Sprache das Subjekt einen besonderen Fokus besitzt, wird dies als Fokus der Verben (fokus ng pandiwa) bezeichnet [1]. Der Fokus der Verben steht als semantischer Begriff in Zusammenhang mit der syntaktischen Argumentstruktur der Verben. Bildet die Verbphrase das Subjekt des Satzes {2-2.3}, so kann der Begriff Fokus der Verben sinngemäß auf die das Prädikat bildende Nominalphrase angewandt werden, obwohl diese nicht das Bestimmtheit besitzende Subjekt ist [2].
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Wir können unterscheiden {6A-311 }:
(1a) Fokus (Subjekt) | Genus verbi | |||
{../f0} | Kein Fokus | {D} | Fokuslose Verben | {6-3.4.1} |
{../fg} | Täter (tagaganap) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (2)} |
Ausführender Täter (tagagawa) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (2)} | |
{../fh} | Veranlasser (tagahimok) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (5)} |
{../fa} | Erwäger (tagaakala) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (6)} |
{../fr} | Reziprok (resiprokal) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (4)} |
{../fy} | Besitzer Zustand (panlagay) | {DT} | Zustandsv. (Aktiv) | {6-3.4.3} |
{../ft} | Tatobjekt (tagatiis) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.4} |
{../fp} | Empfänger (tagatanggap) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.5} |
{../fn} | Ort (lunan) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.6} |
{../fs} | Ursache (sanhi) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.7} |
{../fl} | Austausch (pagpalit) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.8} |
{../fm} | Werkzeug (kagamitan) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.9} |
(2) Definitionsgemäß bezieht sich der Fokus der Verben auf das Subjekt bzw. auf das Prädikat. Wir können jedoch dieses System für alle Argumente des Verbs erweitern und so auch die dem Verb zugeordneten Objunkt- und Adjunktphrasen semantisch bewerten. Wir nennen dies (semantische) Funktion eines Argumentes (katungkulan ng kaganapan). Der Fokus wird dann ein Sonderfall, er ist die semantische Funktion des Subjekts. Für alle Funktionen verwenden wir die gleichen Schlüsselbezeichnungen, jedoch steht bei Nicht-Fokus f für Funktion an Stelle von Fokus [3]:
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In unserem Schlüsselsystem geben wir die Funktion aller Argumente gleichzeitig an (Beispiel {../fp|fa|fb}, Reihenfolge ist Subjekt | Objunkt(e) | Adjunkt) {6A-202}.
Die verschiedenen Funktionen können in folgender Tabelle dargestellt werden:
(2a) Funktion des Objunktes | Genus verbi | |||
{P-W/ft} | Tatobjekt (tagatiis) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.4} |
{P-W/fg} | Täter (tagaganap) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (3)} |
{DP} | Katatapos | {6-6.6} | ||
Ausführender oder potenzieller Täter (tagagawa) |
{DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (3)} | |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (3)} | ||
{P-W/fh} | Veranlasser (tagahimok) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (5)} |
{P-W/fa} | Erwäger (tagaakala) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (6)} |
{P-W/fy} | Besitzer Zustand (panlagay) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.3} |
{P-W/fn} | Ort (lunan) | {DT10} | Aktivverben | {6-3.4.6} |
{P-W/fl} | Austausch (pagpalit) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.8} |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.8} | ||
{P-W/fm} | Werkzeug (kagamitan) | {DB} | Passivverben | {6-3.4.9} |
(2b) Funktion des Adjunktes | Genus verbi | |||
{P-K/fg} | Ausführender Täter (tagagawa) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.2 (3)} |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.2 (3)} | ||
{P-K/fp} | Empfänger (tagatanggap) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.5 (2)} |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.5 (2)} | ||
{P-K/fn} | Ort (lunan) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.6 (2)} |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.6 (2)} | ||
{P-K/fs} | Ursache (sanhi) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.7} |
{P-K/fl} | Austausch (pagpalit) | {DT} | Aktivverben | {6-3.4.8} |
{DB} | Passivverben | {6-3.4.8} |
Zur Vereinfachung bezeichnen wir die Gesamtheit der durch Adjunkte dargestellten Funktionen, also Empfänger, lokative Funktion, Ursache und Austausch, als K-Funktion (mit Schlüssel {../fK} als Abkürzung, (pandako)); ebenso sprechen wir von K-Fokus (wobei wir hier Werkzeugfokus einschließen {6-3.4.9}).
(3) Die Einteilung nach Fokus und Funktion ist semantisch. Daher gibt es hier Abgrenzungsprobleme. Täter und Veranlasser lassen sich in der Regel gut trennen {6A-3421}. Die Zuordnung zu Erleider eines Zustandes oder Tatobjekt ist vielfach nicht eindeutig {6A-3431 (4)}. Zwischen Tatobjekt und Empfänger kann es dann Probleme geben, wenn eine einzige Phrase zuzuordnen ist (Beispiele umakyạt, iwan). Wenn mehrere Phrasen vorhanden sind, sind in der Regel die Zuordnungen eindeutig (Beispiel magbigạy, iwanan). In undeutlichen Fällen wenden wir die Regel an, von Empfänger zu sprechen, wenn die entsprechende Phrase ein Lebewesen ist und anderenfalls von lokativem Fokus bzw. Tatobjekt.
Einige Fälle von K-Fokus bzw. K-Funktion sind nur schwer einer der oben angegebenen Gruppen zuzuordnen. Wir erweitern daher den Begriff des lokativen Fokus bzw. der lokativen Funktion, um dort Gebilde einordnen zu können, die nur in einem sehr weit übertragenem Sinn als lokativ betrachtet werden können {6-3.4.6 (3)}.
(4) Im Allgemeinen können innerhalb der Wortfamilie Verben gebildet werden, mit denen aus dem im Fokus stehenden Subjekt ein Komplement oder Adjunkt wird. Das ist jedoch nicht bei allen Verben der Fall. Es gibt Verben, die nur Entsprechungen mit einem Disjunkt besitzen [4a|b]. Einige Verben besitzen keine Entsprechungen in der Wortfamilie [5b 6].
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(5) Die Begriffe Fokus und Funktion können für das Katatapos verwendet werden, da dieses eine Verbform ist {6-6.6}.
(1) Verben können als Genera verbi in Passiv (Schlüssel {DB}, balintiyạk) und Aktiv ({DT}, tahasan; katinigan = 'genus verbi', Diathese) eingeteilt werden. Mit Aktiv bezeichnen wir Gebilde, bei denen der Täter, Veranlasser oder Erwäger das Subjekt des Satzes ist. Mit Passiv bezeichnen wir die davon abweichenden Gebilde. Die Einteilung in Aktiv und Passiv ist möglich, wenn es zu dem Verb ein Subjekt im Satz gibt.
(2) In der filipinischen Sprache gibt es keinen deutlichen syntaktischen Unterschied zwischen Passiv und Aktiv. Beide Arten von Sätzen sind gleichermaßen einfach zu bilden [1 2] (im Gegensatz zu den europäischen Sprachen, in denen Passivsätze komplizierter sind).
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Jedoch gibt es eine bemerkenswerte Abweichung: Gerundien besitzen eine deutliche Zuordnung zu den Aktivverben, jedoch keine zu Passivverben {6-4.2.2 Θ}.
(3) Alle Verben besitzen Affixe, und es gibt keine offensichtlichen morphologischen Gründe, Affixe dem Passiv oder dem Aktiv zuzuordnen (Beispiel: -in für Passiv und -um- für Aktiv). Trotzdem sind beide Genera gut zu unterscheiden: Nicht nur einige -um- Verben, sondern alle sind Aktivverben und alle -in Verben Passivverben. Es ist nicht deutlich einsichtig, warum das Affix -um- Aktivverben markiert und -in Passivverben.
(4) In der filipinischen Sprache sind Passiv und Aktiv ausschließlich semantische Begriffe. Regelmäßig wird das Passiv vorgezogen {6A-321}. Aktivverben werden hauptsächlich dann verwendet, wenn bestimmte Gründe dafür vorliegen:
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(5) In vielen Passivsätzen ist das Tatobjekt das Subjekt und der Täter ein Objunkt (Fokus {DB../ft}); während in Aktivsätzen der Täter als Subjekt im Fokus steht und das Tatobjekt ein Objunkt ist. Trotzdem ist in der Regel der Täter in einem Aktivsatz (Subjekt) semantisch weniger aktiv (di-masikap) als der syntaktisch passive Täter in Passivsätzen [8 9] { Nolasco 2006 p. 7}. In beiden Beispielpaaren ist es die Bestimmtheit des Subjekts ang librọ bzw. ang ilog, die den Passivsatz semantisch aktiver macht als der Aktivsatz mit nicht im Fokus stehender Phrase ist (Objunkt ng librọ bzw. dem Satz zugehöriges Adjunkt sa ilog).
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Vorbemerkung
Von der Semantik aus betrachtet, gibt es Übergangssituationen zwischen Aktiv und Passiv. Ein Verursacher kann eine Tätigkeit auslösen ('Ich zünde das Holz an.') Der Ausführende der Tätigkeit kann als aktiv ('Das Holz brennt.') oder passiv ('Das Holz wird verbrannt.') betrachtet werden. In den europäischen Sprachen besteht eine deutliche syntaktische Trennung zwischen Aktiv und Passiv. Diese fehlt im Filipino, und so kann der semantisch fließende Übergang auch in der Syntax fließend bleiben.
(1) In der filipinischen Sprache besteht bei der Flexion der Verben kein prinzipieller Unterschied zwischen Aktiv und Passiv, beide Genera folgen den gleichen Regeln. Eine Unterscheidung zwischen Aktiv- und Passivgebilden wird dadurch vorgenommen, dass Affixe bzw. Affixkombinationen entweder Aktiv oder Passiv zugeordnet werden.
(2) Verben in einem Übergangsbereich werden mit dem unbetonten Präfix ma-, mit betontem ma- und mit mapa- gebildet. Die ma- Aktivverben sind meist Zustandsverben und seltener Verben für zumeist einfache Tätigkeiten {7-1.1}, während die ma- Passivverben die Modalität der Fähigkeit besitzen {7-3.1}. Dazwischen finden sich Verben im Übergangsbereich. Bei den ma- und mapa- Verben überwiegen Passivverben mit der Modalität des Zufalls {7-3.5.1}, einige Aktivverben und Verben des Übergangsbereichs besitzen ebenfalls diese Modalität.
Beispielsätze → {7A-311}
In Sätzen ohne Subjekt, deren Prädikat ein Verb ist, besitzt letzteres keinen Fokus [1-3] (Schlüssel {../f0}) {13-2.2.2}. Satz [3] besitzt kein Subjekt, und das Verb bilisạn hat hier keinen Fokus, obwohl es in anderem Zusammenhang einen solchen besitzen kann. Wegen des Potenzialadverbs dapat ist der subjekt- und fokuslose Satz [4] eine allgemeingültige Aussage.
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Bei fokuslosen Verben kann man nicht von Aktiv oder Passiv sprechen, die entsprechende Angabe fehlt im Schlüssel. Fokuslose Verben sind Vollverben {2-4.3}, selbst wenn sie keine Argumente besitzen.
(1) Der Begriff des Täters bedarf einer genaueren Betrachtung.
(2) Ein Großteil der Aktivverben haben den Täter als fokustragendes Subjekt. Wichtigste Affixe mit Täterfokus sind mang-, -um- und mag- [1-3]; hinzu kommen zusammengesetzte Aktivaffixe [4-7]. Bei bestimmten Passivverben kann der ausführende Täter in den Fokus gesetzt werden [8-11], während der Veranlasser zum Objunkt ohne Fokus wird. In Sätzen mit Potenzialadverbien kann der potenzielle Täter als fokustragendes Subjekt dargestellt werden [12].
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(3) In Sätzen mit einfachen und vielen anderen Passivverben hat ein Objunkt die Täterfunktion [13]. Bei Verben der Veranlassung kann ein Adjunkt [14 15] oder ein Objunkt [16] die Funktion des ausführenden Täters ausüben. In Sätzen mit Potenzialadverbien kann der potenzielle Täter als Objunkt ausgedrückt werden [17]. Im Katatapos ist der Täter ein Objunkt [18].
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(4) Der reziproke Fokus (Schlüssel {../fr}, fokus na resiprokal) ist eine Form des Täterfokus, der eine besondere Modalität besitzt [19 20]. Zwei Personen oder zwei Gruppen führen eine Tätigkeit füreinander oder miteinander aus. Reziproker Fokus wird vorwiegend mit mag--an [19] und maki- Präfixen [20] gebildet.
Einer der Beteiligten kann neben dem oder den anderen Beteiligten, die im Fokus stehen, als zweites Argument in den Satz eingefügt werden (reziproke Funktion [21]).
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(5) Aktivverben der Veranlassung haben den Initiator der Tätigkeit als fokustragendes Subjekt. Sie werden in der Regel mit Affix magpa- gebildet [22 23], seltener mit anderen Affixen [24]. In Passivsätzen übt in der Regel ein Objunkt die Veranlasserfunktion aus [25-29].
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(6) Bei Potenzialadverbien wird der Täter zum Erwäger [30 31]. In bestimmten Fällen kann zusätzlich der potenzielle Täter dargestellt werden (si Rita in [31]). Bei nichtnominalem Verhalten der Potenzialadverbien ist der Erwäger bei Aktivverben im Fokus [30]. Bei Passivverben und bei nominalem Verhalten ist er ein Objunkt [31].
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Zustandsverben beschreiben einen Zustand oder ein Gefühl [1 2]. Der Besitzer oder Erleider wird in den Fokus gesetzt (Schlüssel {../fy}, fokus na panlagạy). Ebenfalls betrachten wir hier kleine Veränderungen eines Zustands und auch von selbst ablaufende Prozesse (die nicht rein 'statisch' sind) [4]. Bei einigen Verben ist eine solche Trennung fast nicht möglich [5 6] {6A-3431}.
Zustandsverben werden mit ma- [1 2], aber auch mit anderen Affixen gebildet [3-6]. Zustände können in Passivsätzen ausgedrückt werden, so dass es passive Zustandsverben mit der Funktion des Besitzers des Zustandes gibt [7].
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(1) Eine große Gruppe von Passivverben setzen das semantische Tatobjekt in den Fokus ('patient focus', Schlüssel {../ft}, fokus na tagatiịs). Bei -in [1], i- Verben [2], ma- [3] und ma- Passivverben [4] ist dies die Regel, seltener bei -an Verben [5 6]. Ähnliches gilt für Affixkombinationen [7-10]. Eine eindeutige Zuordnung zu Tatobjekt oder Ort ist nicht immer möglich [6].
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(2) In Aktivsätzen wird die Tatobjektfunktion durch ein Objunkt ausgedrückt [11-13]. Nicht bei allen Passivverben steht das Tatobjekt im Fokus. Besitzen Passivverben mit Affix -an und dessen Kombinationen solch ein Tatobjekt (das nicht Subjekt ist [5 6]), so ist es ein Objunkt [14 17] oder seltener ein Adjunkt [15]. Auch andere Passivverben, bei denen das Tatobjekt nicht im Fokus steht, können die Tatobjektfunktion als Objunkt besitzen [18]. Wenn das Katatapos eine Tatobjekt besitzt, so ist ebenfalls in der Regel ein Objunkt [16].
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Die filipinische Sprache von Armin Möller http://www.germanlipa.de/filipino/sy_D_01.html 21. November 2009 / 28. September 2018 |